Entwicklungen in Spielen als Innovationstreiber für Usability

Die Geschichte der Spieleentwicklung zeigt sehr kurze Innovationszyklen im Bereich von Usability und HMI, sowohl im Hard- als auch im Softwarebereich. Von diesen Entwicklungen können auch industrielle HMI-Konzepte profitieren. Für die itemis AG zeigten Simon Eiterig und ich auf dem Industrial Usability Day 2014, dass »Game inspired HMI Design« die Individualisierbarkeit und die Lernförderlichkeit von HMIs steigert und damit auch die Motivation und Arbeitsqualität der Nutzer.

Zusammenfassung

Betrachtet man die Historie der Entwicklung von Videospielen fällt auf, dass Spieleentwickler von Beginn an innovationsfreudig waren, wenn es um die Erprobung und Umsetzung neuer HMI-Schnittstellen ging. Bereits zu den Frühzeiten der Videospiele wurde mit anwendungsorientierten Benutzungskonzepten experimentiert. Bekannte Beispiele hierfür sind Lenkräder (Rennspiele), Pistolen (Action Games) und spezielle Joysticks (Flugsimulation). Moderne Beispiele wie die Controller der Nintendo Wii zeigen, dass mutige Innovationen durchaus auch zu wirtschaftlichem Erfolg führen.

Ebenso interessant sind Softwarekonzepte, die sich im Laufe der Zeit mit der stets steigenden Popularität von Videospielen etabliert haben. Wurde ein Spieler zu den Zeiten von Amiga, Atari und den frühen Nintendo-Konsolen (also die Zeit von 1980 bis 1995) noch ohne Rücksicht auf Vorwissen, Anspruch und Geschick in die Spielewelten entlassen, wurden die Spiele im Laufe der Zeit immer individualisierbarer. So ist es für moderne Spiele zum De-facto-Standard geworden, Einstellungen zum Schwierigkeitsgrad, zur Sprache, sowie zur Konfiguration des Eingabegerätes vornehmen zu können.

Eine sehr spannende Entwicklung hat auch der Bereich der Lernförderlichkeit vollzogen. In den Frühphasen der Videospiele wurden solche häufig völlig ohne (oder nur mit sehr groben) Anleitungen ausgeliefert – später haben Spiele-Publisher den Spielen umfangreiche, gedruckte Handbücher beigelegt, die von den Spielern jedoch nur widerwillig verwendet wurden. Moderne Videospiele haben die Notwendigkeit von Handbüchern durch intelligente und interaktive Tutorials obsolet gemacht. Neue Spieler werden hier zunächst mit nur einem Bruchteil der Komplexität des gesamten Spiels konfrontiert und dann Schritt für Schritt an die volle Funktionalität herangeführt.

Individualisierbarkeit und Lernförderlichkeit gehören zu den Grundsätzen der Dialoggestaltung, die im Teil 110 DIN EN ISO 9241 beschreiben werden, einem internationalen Usability-Standard, der Richtlinien der Mensch-Computer-Interaktion beschreibt. Die Erfahrungen, die Spieleentwickler dadurch gewinnen konnten, bieten eine ausgezeichnete Basis für Innovationen in Bereichen des Industrial-HMI. Denn es existiert eine Schnittmenge zwischen den Intentionen von Spieleentwicklern und Industrial-HMI-Designern. Beispiele sind:

  • Sichtbarer Status: Der Spieler/Nutzer möchte sehen können, wie er vorankommt – ein zentrales Element der Motivation.
  • Rückmeldung: Alle Aktivitäten des Spielers/Nutzers sollten zu einem sichtbaren Feedback führen, am besten unmittelbar. Dadurch wird die Lernförderlichkeit verbessert.
  • Cascading Information: Der Spieler/Anwender sollte bei der aktuell zu lösenden Aufgabe (Quest) nur die für ihn wichtigen Information sehen, Stichwort: Aufgabenangemessenheit.

Aus der genaueren Betrachtung dieser Schnittmenge ist der Ansatz des »Game inspired HMI Design« entstanden. Dieser legt den Fokus zunächst auf Softwarekonzepte und Design-Paradigmen, die in Spielen inzwischen zu De-facto-Standards herangereift sind.

Dieser Vortrag veranschaulicht anhand von Beispielen, wie diese Konzepte und Paradigmen sich gewinnbringend auf industrielles HMI Design auswirken.

Michael Jendryschik
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