Kritik am Wettbewerb um die Hommingberger Gepardenforelle

Sie sind noch nie einem Hommingberger begegnet, haben nie das Hommingberger Land bereits und niemals von einer Gepardenforelle gehört? Das ist keine Überraschung, denn es gibt weder die einen noch die andere. Die Hommingberger Gepardenforelle wurde im Rahmen eines SEO-Wettbewerbs der c’t erfunden. Leider ist zu befürchten, dass dieser Wettbewerb dem World Wide Web eher schaden als nutzen wird.

Anmerkung: Der Wettbewerb ist schon lange beendet und dieser Artikel mittlerweile veraltet. Die genannten Platzierungen stimmen nicht mehr, und einige Links führen mittlerweile ins Leere.

Worum geht es?

Am 16. April 2005 startete die c’t einen Wettbewerb, der Erkenntnisse darüber liefern soll, wie Suchmaschinen Webseiten indizieren und bewerten und welche Möglichkeiten Webautoren haben, ihre Site höher in den Trefferlisten zu platzieren. In der betreffenden Meldung war zu lesen:

»c’t ruft zu einem Suchmaschinenoptimierungs-Wettstreit auf. Ziel ist es, für den Begriff ›Hommingberger Gepardenforelle‹ eine Top-Position in den Google.de-, Yahoo.deMSN.de– und Seekport.de-Ergebnislisten zu ergattern. c’t beobachtet während des Wettbewerbs die Positionierungen der besten Sites in den Trefferlisten. An zwei Stichtagen, am 15. Mai sowie am 15. Dezember jeweils um 11.00 Uhr, ermitteln wir die Gewinnersites, die wir auch auf heise online veröffentlichen werden.

Der Wettbewerb soll einen Einblick in die Rankingmechanismen der Suchdienste und aktuelle Trends der Optimierung – legitime wie unerwünschte – ermöglichen. Das Vorbild Nigritude Ultramarine hat im letzten Jahr einige neue Entwicklungen ans Licht gebracht. (…)

Der Begriff der Hommingberger Gepardenforelle wurde gewählt, um keinen Flurschaden anzurichten: Es gibt weder einen Ort Hommingberg noch eine Gepardenforelle, sodass die Suchmaschinen bis dato für den Begriff auch keine Treffer liefern. Der Wettbewerb verdrängt daher keine unbeteiligten Sites aus den Indizes. Außerdem haben so alle Teilnehmer die gleichen Startbedingungen. (…)«

Im deutschsprachigen Web gab es bereits einen ähnlichen Wettbewerb. Im November 2002 wurde in der Newsgroup de.comm.infosystems.www.authoring.misc darüber diskutiert, welchen Zusammenhang es zwischen der Besuchsfrequenz des Google-Suchroboters (Googlebot) und der Aktualisierungshäufigkeit von Webseiten gibt. Auf eine täglich besuchte Website wurde der willkürlich gewählte Begriff »schnitzelmitkartoffelsalat« gesetzt, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Google-Index vertreten war. Schnell entstand daraus ein kleiner Wettbewerb mit dem Ziel, den obersten Platz der Trefferliste zu ergattern. Heute bringt die Suche nach »schnitzelmitkartoffelsalat« über 900 19.000 Treffer.

Wie bringe ich die Hommingberger Gepardenforelle in Trefferlisten nach oben?

Wer danach fragt, wie er seine Website schreiben muss, um mit bestimmten Begriffen hoch in den Trefferlisten vertreten zu sein, kann ebenso danach fragen, wie Suchmaschinen funktionieren. Dabei sind zwei Aspekte zu berücksichtigen:

  1. Wie lesen Suchmaschinen Webseiten und wie werden diese in den Index aufgenommen?
  2. Welche Worthäufigkeiten und welche (X)HTML-Auszeichnungen führen zu bevorzugter Bewertung bei Suchmaschinen und somit zu einer Position auf der ersten Seite der Trefferlisten?

Ich verweise an dieser Stelle auf das Suchmaschinen-Tutorial von Klaus Schallhorn und die Suchfibel von Stefan Karzauninkat. Auf diesen Seiten erhalten Sie alle Informationen, die Sie benötigen. Die Kernaussagen lassen sich in wenigen Punkten zusammenfassen:

  • Suchmaschinen »sehen« Webseiten so ähnlich wie Nutzer, die mit einem Textbrowser (z.B. Lynx) unterwegs sind. Haben Sie keinen solchen installiert, können Sie den Lynx Viewer verwenden.
  • Je präziser, aussagefähiger und verständlicher Ihre Texte sind, desto genauer können Suchmaschinen diese beurteilen.
  • Textlänge, Wortzahl, Häufigkeit und Verteilung der Suchbegriffe (also wie oft und an welchen Stellen Hommingberger Gepardenforelle auf der Seite vorkommt) sowie korrekte Verwendung der (X)HTML-Elemente, die von Suchmaschinen besonders hoch bewertet werden, spielen bei der Bewertung von Webseiten eine große Rolle. Unter anderem das title-Element, Überschriften, Betonung mit em und strong sowie Anker dienen zur Bemessung der Relevanz einer Seite bei einer Suchanfrage.
  • Kommt der Suchbegriff im URI der Seite vor, kann sich die Position in der Trefferliste verbessern.
  • Die Anzahl und Qualität der ausgehenden und vor allem eingehenden Links kann Einfluss auf das Ranking haben (Stichwort: Google Pagerank).

Warum die Hommingberger Gepardenforelle zum Schädling werden kann

Haben Sie es gemerkt? Ich habe mich bemüht, alle angesprochenen Kriterien auf dieser Webseite zu berücksichtigen, um unter dem Stichwort Hommingberger Gepardenforelle möglichst gut gefunden zu werden. Schließlich sollen nicht nur Fanseiten der Hommingberger Gepardenforelle in Suchmaschinen gelistet sein. 🙂 Sie können selbst überprüfen, ob mir das gelungen ist:

Natürlich bin ich nur einer von Tausenden, der sich bemüht, unter diesem Stichwort gefunden zu werden, schließlich handelt es sich hierbei um einen Wettbewerb. Aber denken Sie einen Schritt weiter: Jede Website befindet sich in einem ständigen Konkurrenzkampf mit Dutzenden, Hunderten oder Tausenden von anderen Websites und dabei geht es selten um Nonsens-Begriffe wie Hommingberger Gepardenforelle. Hohe Positionen in Trefferlisten bedeuten oftmals bares Geld. Auf der Seite Suchmaschinenoptimierung (mittlerweile offline) schreibe ich:

»Diverse Studien haben ergeben, dass rund drei Viertel aller Neukontakte, die über eine Website geknüpft wurden, über eine Suchmaschine auf die Website gelangten. Die Bedeutung von Suchmaschinen und –diensten für Ihre Website ist daher nicht zu unterschätzen! Hohe Positionen versprechen viele Besucher. Wenn Ihre Website zugänglich und gut bedienbar ist, werden aus Besuchern vielleicht Kunden, und Kunden bringen Umsätze.«

Ist es Ihnen auch dieses Mal aufgefallen? Natürlich hätte ich jetzt nicht auf meine Site verweisen müssen, aber Links von gut bewerteten Seiten wie diese es hier hoffentlich mal sein wird, sind gut für das Ranking. Und damit befinden wir uns schon in der Nähe des sogenannten Google-Bombe, einer Manipulation des Google-Suchergebnisses für eine bestimmte Webseite durch vielfaches Setzen von Links mit einem vereinbarten Ankertext. Wenn nach diesem Text gesucht wird, zeigt Google nicht nur die Seiten mit dem Link an, sondern auch die Seite, auf die der Link verweist. Google-Bomben werden von Online-Communities eingesetzt, um Webseiten bestimmter Personen gezielt mit oft diffamierenden Schlagworten in Verbindung zu bringen. Ich gehe jede Wette ein, dass viele der Sites, die an dem Wettbewerb teilnehmen, versuchen werden, auf diesem Weg erfolgreich zu sein.

Nicht die Qualität der Seite zählt, sondern die des Webautoren

Die Google-Bombe ist ein sehr extremes Beispiel und eigentlich möchte ich nicht auf Suchmaschinen-Spamming hinaus, sondern auf etwas viel Einfacheres. Es liegt auf der Hand, dass jeder, der Inhalte veröffentlicht, auch möchte, dass diese gelesen werden. Wer eine Website unterhält, erhofft sich viele Besucher und dadurch viele Leser oder Kunden. Ein großer Teil der Besucher gelangt allerdings über Suchmaschinen auf eine Website. Daher genügt es leider nicht (mehr), einfach nur gute Texte zu schreiben, also den Menschen zu bedienen. Mittlerweile muss man auch wissen, wie Inhalte für Suchmaschinen aufbereitet werden.

Es besteht die Gefahr, dass bald nur noch die Seiten auf den ersten Seiten der Trefferlisten erscheinen, die besonders letztere »Zielgruppe« im Auge haben, und die wirklich guten Seiten untergehen, die für Menschen und nicht für Maschinen geschrieben wurden.

Schon heute ist es schwierig, die wirklich guten Informationen im Web zu
finden. Ein SEO-Wettbewerb wie dieser, der Webautoren dazu
animiert und letztlich auch erzieht, vor allem suchmaschinenorientiert zu denken
und zu schreiben, könnte die Lage noch verschlimmern.

Natürlich kann man argumentieren, diese Aktion diene der Informationssammlung mit dem Ziel, die Qualität von Webseiten und Suchmaschinen zu verbessern. Dass der Heise-Verlag, der die c’t herausgibt, im Rahmen seines Internet Services selbst Suchmaschinen-Promotion anbietet, man also eine durchaus kommerzielle Absicht unterstellen kann, ist in diesem Zusammenhang allerdings ähnlich merkwürdig wie die Tatsache, dass ich mit einem Artikel an einem Wettbewerb teilnehme, mit dem ich diesen zugleich kritisiere. Finden Sie nicht?

Zum Schluss noch einige Links auf eine Vielzahl von Wettbewerb-Teilnehmern, natürlich aus den bekannten Gründen, und schließlich soll die Mühe doch honoriert werden.

Michael Jendryschik
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