Servicewüste Deutsche Bahn

Heute war ich auf der dmexco in Köln, einer Messe und Konferenz rund um das Thema digitales Marketing. Dort konnte ich viel darüber erfahren, welche Mühe verschiedene Unternehmen unterschiedlicher Größe sich geben, um ihre Kunden bei der Stange und bei Laune zu halten, sie zufrieden zu stellen und langfristig an das Unternehmen zu binden. Genau die gegenteilige Erfahrung machte ich heute bei der Deutschen Bahn. Jeder einzelne Mitarbeiter, mit dem ich heute zu tun hatte, tat alles, um mich zu frustrieren, zu beleidigen, für dumm zu verkaufen oder hinzuhalten.

Gegen 17:15 Uhr standen mein Kollege und ich am Serviceschalter Köln Messe/Deutz und fragten nach Fahrkarten für die nächste Fahrt zum Dortmunder Hauptbahnhof. Der nächste Zug ging schon um 17:24 Uhr, Regionalexpress 29732, Umsteigen in Wuppertal in den Regionalexpress 10429 nach Dortmund. Die Fahrt kostete 16,00 €. Ich fahre nicht häufig Bahn und wenn, dann lange Strecken, bei denen ich mir den Fahrausweis vor Fahrtantritt ausdrucke und vom Zugbegleiter (hieß das nicht mal »Schaffner«?) entwerten lasse. Unsere Fahrkarten mussten wir vor Fahrtbeginn entwerten; leider funktionierte der Automat an der Rolltreppe zu unserem Gleis nicht, und da der Regionalexpress bereits einfuhr, beeilten wir uns, um schnell zum Gleis zu kommen und die Bahn noch zu erreichen – zwar ohne entwerteten Fahrausweis, aber in der Überzeugung, das im Regionalexpress nachholen zu können.

Dort dauerte es keine fünf Minuten, bis wir einer Zugbegleiterin von unserem Problem berichten und sie baten, die Fahrausweise für uns zu entwerten. Daraufhin erklärte sie, sie könne das Ticket im Zug nicht entwerten, ganz im Gegenteil, wir seien ohne gültigen Fahrausweis als Schwarzfahrer hinzugestiegen und daher müsse sie den Vorfall und unsere Daten aufnehmen. Dazu mussten wir unsere Fahr- und Personalausweise aushändigen. Nach einigen Minuten erklärte sie, dass unsere Angabe, der Fahrkartenentwerter sei defekt, geprüft werden würde und wir zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal die Gelegenheit hätten, dazu Stellung zu beziehen. Darüber hinaus bot sie uns an, einer Fahrpreisnacherhebung direkt bei ihr vor Ort nachzukommen, das heißt, die 16,00 € noch einmal zu bezahlen. Dies wollten wir zunächst nicht, denn schließlich hatten wir den Preis bereits bezahlt, aber die Zugbegleiterin versicherte uns, dass die Sache mit der erneuten Zahlung erledigt sei. Die nicht entwerteten Fahrausweise könnten wir entweder bei anderer Gelegenheit verwenden oder im Servicecenter in Dortmund wieder zurück geben und die 16,00 € zurück erhalten. Also zahlen wir den Betrag und erhielten eine Quittung über eine Fahrpreisnacherhebung von 40,00 €, auf der 16,00 € als Teilzahlung und 24,00 € als noch zu zahlender Betrag ausgewiesen waren, zudem ein Stempel der Zugbegleiterin und die handschriftliche Anmerkung »gültig als SFT«. Es seien keine Nachforderungen zu erwarten, keine weitere Stellungnahme, kein Schriftverkehr, keine Prüfung der Angelegenheit oder etwas Ähnliches – in einigen Wochen würden wir dies auch schriftlich per Post erhalten.

Im Reisecenter in Dortmund stellte sich die Sache allerdings ganz anderes dar. Dort wurde ich zunächst falsch verstanden und mein »Schönefahrtticket« beschriftet, gestempelt und entwertet (siehe das Bild ganz oben). Zu spät hatte ich die Gelegenheit, mein Anliegen erneut zu erklären. Daraufhin wurde mir gesagt, dass es nicht möglich sei, mir die 16,00 EUR zurück zu erstatten und das Ticket wieder zurück zu nehmen, denn dabei handele es sich um einen Kulanzfall(!) und die Reisecentermitarbeiter seien nicht befugt, Kulanzfälle zu behandeln. Auch stimme nicht, was die Zugbegleiterin uns erklärt habe: Sie hätte den Fahrschein einfach in der Bahn entwerten können. Die Fahrpreisnacherhebung sei unnötig gewesen, jetzt allerdings nicht mehr rückgängig zu machen. Die einzige Möglichkeit, das Geld zurück zu erhalten, sei es, sich an den Kundendienst zu wenden, zu erreichen unter 01805 996633. Vor Ort könne man nichts für mich machen.

Zurück zuhause habe ich den Kundendienst angerufen. Dort konnte mir allerdings auch nicht sofort geholfen werden. Ich solle den Sachverhalt schriftlich darlegen und per Post zusammen mit den Originaldokumenten der DB Fernverkehr AG zusenden. Zudem sei es – anders als die Zugbegleiterin uns versichert hatte – sehr unwahrscheinlich, dass die Restforderung der DB Vertrieb GmbH bezüglich der Fahrpreisnacherhebung in Höhe von 24,00 € nichtig wäre. Das Gegenteil sei der Fall, es sei damit zu rechnen, dass sowohl mein Kollege als auch ich die Post, die wir in einigen Tagen oder Wochen erhalten würden, keinesfalls ignorieren sollten. Die offenen Forderungen seien aus Sicht der DB Vertrieb GmbH berechtigt und würden eingetrieben werden. Aber ich könne die Sache ja per Telefonat oder schriftlich klären…

Aus diesem Weblog-Eintrag spricht meine tiefste Verärgerung über diesen Vorfall und das absolute Unverständnis über so gegensätzliche Aussagen bei einem eigentlich recht einfachen Sachverhalt. Den Aufwand und die Verärgerung in den letzten Stunden finde ich beträchtlich. Ich frage mich, wie die Bahn mich so als zufriedenen Kunden gewinnen möchte. Als Schwarzfahrer beschuldigt zu werden finde ich erniedrigend; die Aufforderung, den Fall aus Kulanzgründen beim Kundendienst zu schildern, als unverschämt und anmaßend. Einen Dienstleistungsgedanken habe ich heute keine Sekunde empfunden, weder beim schlecht gelaunten Mitarbeiter in Köln-Deutz oder bei der inkompetenten Zugbegleiterin, noch bei den Servicemitarbeitern in Dortmund oder bei der Hotline. Das einzige, was alle Mitarbeiter der Bahn verband, mit denen ich heute zu tun hatte, war die Einstellung, die sie vermittelten: Egal, was aus Ihrem Anliegen wird, bloß weg von mir oder meinem Schalter und bitte kein Stress für mich.

Ich bezweifle nach diesen Erfahrungen, dass ein Brief und die Zusendung der Originaldokumente ausreicht, um die 16,00 € erstattet zu bekommen. Dennoch möchte ich mein Geld erstattet bekommen! Und ich befürchte, dass ich keine Möglichkeit habe, die Zahlung von weiteren 24,00 € an die DB Vertrieb GmbH, die für die Fahrpreisnacherhebungen zuständig ist, zu vermeiden. Mein Kollege hatte mehr Hoffung als ich und alle Dokumente mittlerweile eingesandt. Ich bin gespannt, was aus der Sache wird und werde gegebenenfalls in den Kommentaren zu diesem Artikel darüber berichten.

Michael Jendryschik
14 Kommentare
  1. Konni Scheller
    Konni Scheller sagte:

    Wenn Du genügend Zeit und Nerven hast, dann halte durch. Nicht nur die 16 Euro wirst du zurückbekommen, sondern fordere auch deine Kosten für die Geltendmachung deines Rechts zurück: Fahrt-, Post- und Schreibaufwand.

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  2. Matze
    Matze sagte:

    Hehe, sehr amüsant *Schadenfreude*, aber sehr schön von Dir geschrieben 😉
    Bei der Bahn verarscht, über Telekom bei der Hotline angerufen, jetzt soll auf dem Postweg über die Deutsche Post geklärt werden. Da hast Du ja gleich alle drei Service-Highlights des deutschen Unternehmertums gebündelt…

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  3. Christine
    Christine sagte:

    Am liebsten würde ich einen Link von dieser Seite an die Deutsche Bahn schicken.
    Ich kenne diese Art von Frustration wirklich sehr gut.
    Viel Erfolg !

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  4. laax
    laax sagte:

    Schon erstaunlich, wie wenig Ahnung oder Bereitschaft zur Hilfe manche Bahn-Mitarbeiter haben. Ich bin ja oft auf der Strecke und in diesen Zügen unterwegs. Von daher bekomme ich solche Fälle recht oft mit. Die Zugbegleiterin hätte lediglich wie bei Schwarzfahrern Eure Daten mit dem Hinweis auf die Störung des Entwerters aufnehmen müssen. Zu zahlen wäre da erstmal gar nix. Die Störung würde dann geprüft werden. Nur falls sich die Störung als gelogen herausstellt (kommt oft genug vor), gibts Post mit der Forderung des „erhöhten Beförderungsentgeltes“. Dafür haben die dann ja die Personendaten aufgeommen. Bei wirklichen defekten Geräten sollte die Bahn eigentlich auch froh sein, daß man sie überhaupt darauf hinweisst. Ich denke mal, ein anwaltliches Schreiben an die Bahn hilft bei der Klärung und der Beschleunigung der Rückzahlung enorm.
    Als ziemliche Frechheit empfinde ich immer, daß man von Mitarbeitern in Servicezentren eines Unternehmens – und dazu gehören auch die Verkäufer im Reisezentrum -, aufgefordert wird, die (teilweise überteuerte) Service-Hotline des selben Unternehmens anzurufen und dort die Probleme zu klären. Das Abwimmeln von Kunden mit Anliegen außerhalb des einfachen Verkaufs gehört in vielen Unternehmen leider immer noch zum Standardprozedere.

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  5. Der Kollege
    Der Kollege sagte:

    „Mein“ persönlicher DB-Sorgentelefon (aka Kundendialog) Mitarbeiter hat mich soeben angerufen, nachdem ich ihm ja gestern die Fahrkarten fotografiert und zugeschickt habe, begleitet von einer recht ausführlichen Mail, die den Grad meiner Verärgerung denke ich ganz gut ausdrückte.
    Ich darf ihm jetzt die Originalfahrkarte aus Köln-Deutz nach Münster zusenden, er erstattet mir dann die 16 €. Die Prüfung ob der Automat wirklich defekt war bleibt anhängig, das geht „über Baden Baden“… Von Entschädigung für meine Mühen und Porto war keine Rede.
    Gleich mal in den Parteiprogrammen schauen wer für eine Vollprivatisierung der Bahn ist, vielleicht verjagt man so das Beamtentum in dieser Servicewüste Deutsche Bahn AG!

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  6. Ein anderer Kollege
    Ein anderer Kollege sagte:

    Auch wenn die Story für euch natürlich ärgerlich ist, war es mir ein großes Vergnügen den Beitrag und die Kommentare zu lesen.

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  7. Deliandra
    Deliandra sagte:

    Bin grade durch Zufall auf den Blog geraten, aber Geschichten wie diese habe ich bereits mehrfach hinter mir. Und das als Aboticketbesitzerin auf dem Weg von und zur Arbeit.

    So lag schon ein paar mal mein Portmonnaie mit Ausweis zuhause, das namensgebundene Ticket hatte ich aber dabei. Leider ist es so aber nicht gültig. Wie es aussieht, gibt es auf den Handgeräten entweder keine Option „Namensgebundenes Aboticket ohne Lichtbildausweis“ oder die Zugbegleiter an die ich geraten bin sind alllesamt unfähig, diesen zu finden.
    Und so konnte ich mein Ticket mitsamt Ausweis nicht im Servicecenter vorzeigen (wie es bei den hiesigen Stadtwerken ohne Probleme möglich ist!) sondern musste den Sachverhalt jedes Mal schriftlich klären, so dass sich die „Fahrpreisnacherhebung“ nach etwa einem halben Jahr Bearbeitung lediglich auf die Bearbeitungsgebühr von 5 € (immer noch Wucher..) belief.

    Was mich das ganze inzwischen gelehrt hat, ist dem Zugbegleiter kein Wort mehr zu glauben, den Wisch, den man in die Hand gedrückt bekommt, sehr genau zu lesen und sofort Zeter und Mordio zu veranstalten, wenn man keinen bekommt. Denn ohne hat man keine FN-Nummer ohne die die ganze Angelegenheit gar nicht geklärt werden kann.
    Sollte man dann doch wieder schriftlich (übrigens über http://www.db-fahrpreisnacherhebung.de/ auch im Netz möglich) mit der Bahn korrespondieren müssen, sollte man sich auf lange Wartezeiten einstellen.

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  8. bla..
    bla.. sagte:

    Ich wurde auch schon beschuldigt schwarz gefahren zu sein, ich war nach einer Party eingeschlafen. Ich hab einfach nichts bezahlt, nur ne Beschwerdemail geschrieben, nach 2-3 Monaten kam ein Brief, dass es reichen würde, wenn ich jetzt 5 Euro überweise, weil sie nicht alles so gut bearbeiten konnten. Ende vom Lied: der Brief ist auch schon wieder 4 Monate her und falls ich vor Gericht kommen sollte ist es verjährt… beim nächsten mal einfach keine Personalien rausgeben.

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  9. Gregor
    Gregor sagte:

    Das Stempeln schon auf dem Bahnsteig empfinde ich auch als Zumutung. Den Fall hatte ich kürzlich auch. In einer fremden Stadt galt irgendein blöder Regional-Verkehrsverbund, für den man dann eine andere Karte kaufen muss (allerdings auch am normalen DB-Automaten) und die dann anders als normale Zugtickets vorher selber stempeln muss. Man fährt dann aber ganz normal mit der Regionalbahn. Zugegeben, auf dem Ticket steht drauf, dass man es stempeln muss, aber wer guckt schon auf das Ticket, wenn man es kauft wie sonst auch. Der Zugbegleiter sagte dann auch direkt, dass er das nicht stempeln will. Wenigstens blieben mir die 40 Euro erspart.

    Dass sich durch Privatierung da irgendwas tut, halte ich für unwahrscheinlich. Eher werden die Anbindungen schlechter, weil sich bestimmte Strecken nicht mehr lohnen. Das sorgt also m.E. eher für mehr Frust.

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  10. Der Kollege
    Der Kollege sagte:

    Nachtrag: Ich habe mittlerweile Post vom Bearbeiter meiner Sache erhalten, die 16€ will er mir erstatten, dazu bekam ich einen 10€ Reisegutschein per Post zugesendet. Gültigkeit: 1 Jahr. Ich glaub da wird sich bald jemand in meinem Umfeld zum Geburtstag über einen Gutschein freuen…

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  11. PG
    PG sagte:

    Das gleiche Geschichte war auch bei mir: Automatenstörung, dann Fahrpreisnacherhebung, sofort habe ich einen Brief geschrieben und ich habe erst nach 7 Monate einen Antwort bekommen! Unglaublich!

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  12. Krizzy
    Krizzy sagte:

    Das kommt mir alles seeeehr bekannt vor…… ich habe online Einspruch erhoben und bisher noch nichts gehört. Das war vor ca. einem Monat. Ich bin gespannt was daraus wird! Ich werde garantiert keine 40€ für die Inkompetenz und den mangelnden Service der DB zahlen. Das habe ich denen auch genau so schriftlich mitgeteilt. Dabei sollte grade die Bahn mit ihren Wucher-Preisen und der 90%igen Unpüktlichkeit doch alles tun, um die Kundschaft bei Laune zu halten. Unglaublich!

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  13. TG
    TG sagte:

    Ja, die Servicequalität bei der Bahn ist wirklich unter aller Sau, ich habe auch gerade einen Fall laufen, über den ich mich unglaublich ärgere. Auch das ganze Programm mit „UN“Servicehotline, UN-kompetenten Mitarbeitern, und dem dauernden Gefühl nicht recht verstanden zu werden, bzw. vielmehr verstanden werden zu wollen!
    Es sollte irgendwie die Möglichkeit geben, sich als unzufriedene Kunden zu bündeln und eine gemeinsame Aktion von tausenden von Kunden durchzuführen, das könnte evtl. mal den ein oder anderen Beamten bei der Bahn aufwecken..

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