Michael beim CPUX-F-Training

CPUX-Zertifizierungen für UX-Professionals und alle, die es werden wollen

»CPUX« bedeutet »Certified Professional for Usability and User Experience« und steht für ein internationales Zertifizierungsprogramm als Standard zur Aus- und Weiterbildung für Personen, die sich professionell mit Usability und User Experience beschäftigen. Das Programm wird vom UXQB (»International Usability & User Experience Qualification Board«), einem Zusammenschluss internationaler Fachexperten, erarbeitet und kontinuierlich weiterentwickelt und ist durch mehrere, jeweilige nationale Interessensvertretungen anerkannt – in Deutschland durch die German UPA, den Berufsverband der Deutschen Usability und User Experience Professionals.

Hinweis

Der Artikel erschien zuerst im KPS Blog.

Welche Zertifizierungen und Ausbaustufen werden angeboten?

Die Basis ist die Zertifizierung CPUX-F (»Foundation Level«). Darin geht es um grundlegende Begriffe und Konzepte aus dem Fachgebiet Usability und User Experience. Die Basis-Zertifizierung wird ergänzt durch sogenannte »Essentials« und Ausbaustufen.

Abbildung 1: Überblick über alle CPUX-Zertifizierungen

Essentials sind fachspezifische Erweiterungen des CPUX-F. Aktuell gibt es eine Essentials-Zertifizierung: CPUX-M (»Essentials in UX and HCD Management«).

Die Ausbaustufen vertiefen spezielle Themenbereiche und vermitteln neben den theoretischen Kenntnissen auch praktische Fähigkeiten. Die Ausbaustufen setzen den CPUX-F voraus. Es werden folgende Aufbauzertifizierungen angeboten:

  • CPUX-UR (»User Requirements Engineering«)
  • CPUX-DS (»Designing Solutions«)
  • CPUX-UT (»Usability Testing and Evaluation«)

Durch eine CPUX-Zertifizierung können Personen, die sich für Usability und User Experience interessieren, sich professionell damit beschäftigen oder mit UX-Professionals zusammenarbeiten, objektiv nachweisen, dass sie international anerkannte Kompetenz in diesem Bereich besitzen, die dem neuesten Stand entspricht.

Ich biete selbst UX-Trainings an, die auf CPUX-F und CPUX-M vorbereiten. Diese beiden Zertifizierungen stelle ich daher detailliert vor.

CPUX-F

Im Foundation Level dreht sich alles um den menschzentrierten Gestaltungsprozess. Menschzentrierte Gestaltung (bzw. Human-Centered Design, HCD) ist ein gestalterischer Ansatz für die Entwicklung interaktiver Systeme, der sich auf die Benutzung des interaktiven Systems konzentriert und Wissen und Methoden aus den Bereichen Usability und UX anwendet. Im CPUX-F werden der gesamte Prozess sowie alle in der nachfolgenden Abbildung enthaltene Begriffe (und viele mehr) anschaulich erläutert.

Abbildung 2: Der menschzentrierte Gestaltungsprozess gemäß Norm DIN EN ISO 9241-210 (nach Vorlage des CPUX-F-Curriculums, Version 4.01)

Das Zertifikat »Certified Professional for Usability and User Experience – Foundation Level« bescheinigt dem Zertifikatsinhaber, dass er mit den grundlegenden Begriffen und Konzepten des menschzentrierte Gestaltungsprozesses und der darin enthaltener Kompetenzfelder vertraut ist:

  • Grundlegende Konzepte
  • Planung der menschzentrierten Gestaltung
  • Verstehen und Festlegen des Nutzungskontextes
  • Festlegen der Nutzungsanforderungen
  • Gestalten von Lösungen, die die Nutzungsanforderungen erfüllen
  • Gestaltungsprozess und Ergebnisse
  • Regeln für die Gestaltung von Benutzungsschnittstellen
  • Evaluieren der Gestaltungslösung gegen Nutzungsanforderungen
  • Ergänzende Kompetenzen fallen in die Bereiche Usability-Evaluierung, Usability-Tests, Usability-Inspektionen und Benutzerbefragungen und HCD-Reife.

Wer die CPUX-F-Zertifizierung erfolgreich erworben hat, kann die Sprache von UX-Professionals verstehen und sprechen und weiß, wann welche menschzentrierten Methoden zum Ziel führen und was bei der täglichen Arbeit von und mit UX-Professionals wichtig ist.

Für wen ist die CPUX-F-Zertifizierung interessant?

Die CPUX-F-Zertifizierung eignet sich für alle, die an der Entwicklung interaktiver Anwendungen und Produkte mitarbeiten und dabei eine gemeinsame Sprache sprechen und dasselbe Verständnis von Begriffe und Konzepten aufbauen wollen. Dazu gehören Personen Softwareentwickler und Entwicklungsleiter, Marketingfachleute, Designer, Projekt- oder Produktverantwortliche – und natürlich auch alle Personen, die im Berufsfeld UX und User Experience tätig sind oder sein wollen und ihr Wissen auf den neuesten Stand bringen oder ihr vorhandenes Know-how durch eine Zertifizierung belegen möchten.

Es gibt keine Teilnahmevoraussetzungen.

CPUX-M

Die Zertifizierung »Essentials in UX and HCD Management« erweitert den CPUX-F um grundlegende Management-Begriffe und Konzepte. Im Wesentlichen geht es darum, HCD auch in den Unternehmen und Organisationen erfolgreich einzuführen, die aktuell noch von »HiPPOS« (»Highest Paid Person‘s Opinion«, also die Meinung derer, die am längsten dabei sind, am meisten zu sagen haben) dominiert und geführt werden. HiPPOS sind eine Gefahr für jedes Projekt, wie Abbildung 3 zeigt (die natürlich übertreibt, aber nur ein wenig).

Um erfolgreich zu sein, müssen UX-Verantwortliche die wirtschaftlichen Vorteile eines menschzentrierten Ansatzes zu vermitteln, bei dem die Entscheidungen auf Daten von Benutzern und anderen Interessenvertretern und nicht auf Meinungen beruhen. Eine von Meinungen geleitete Gestaltung ist weit verbreitet und kann zu schlechtem Design, Meinungskampf und unzufriedenen Benutzern führen. Um langfristig Erfolg mit menschzentrierter Gestaltung zu haben und den HCD-Reifegrad des Unternehmens zu steigern, sind ein regelmäßiger Austausch mit den Führungskräften, eine positive Beeinflussung der Unternehmenskultur und die Pflege einer projektübergreifenden HCD-Infrastruktur unerlässlich.

Abbildung 3: HiPPOS sollte man möglichst aus dem Weg gehen

Das Zertifikat bescheinigt dem Zertifikatsinhaber, dass er mit den grundlegenden Management-Begriffen und -Konzepten aus dem Fachgebiet User Experience und Human-Centered Design in den folgenden Kompetenzfeldern vertraut ist:

  • Die Herausforderungen des HCD-Managements
  • Managementbegriffe, die jeder UX-Professional kennen sollte (und umgekehrt)
  • UX- und HCD-Management und -Führung
  • Messung des wirtschaftlichen Wertes von HCD-Aktivitäten
  • UX-Visionen entwerfen und umsetzen
  • Schaffung einer gemeinsamen HCD-Kultur
  • HCD-Reifegrad bestimmen und steigern
  • Risikomanagement
  • Ethisches Design und nachhaltiges Design

Wer die CPUX-M-Zertifizierung erfolgreich erworben hat, kann dafür sorgen, dass in Projekten und Organisation menschzentriert gedacht und agiert wird und dass Ressourcen und Budget für UX zur Verfügung gestellt wird.

An wen wendet sich die CPUX-M-Zertifizierung?

Die CPUX-M-Zertifizierung ist für alle interessant, die den Wert von UX und Human-Centered Design für ihr Projekt oder Unternehmen erkannt haben und nun auf allen Ebenen verstehen, anwenden und verankern möchten, um wiederholt Nutzungserlebnisse derselben hohen Qualität zu erzielen. Dazu gehören neben (erfahreneren) UX-Professionals und -Beraterinnen und -Beratern auch Produktverantwortliche und Manager ohne tiefe UX-Kenntnisse.

Eine gewisse Affinität zu betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen und Erfahrungen mit HCD sind als Grundlage empfohlen, aber keine Voraussetzung für die Teilnahme an der Prüfung oder entsprechenden Trainings. Im Gegenteil: CPUX-M könnte für Viele ein Einstieg ins »HCD-Mindset« sein.

Warum sollte ich mich für den CPUX entscheiden?

Das CPUX-Zertifizierungsprogramm basiert auf anerkannten Standards, insbesondere der DIN EN ISO 9241-Reihe. Darüber hinaus beruht es auf Konsens, der von einem internationalen Team erfahrener Fachleute auf diesem Gebiet erzielt wird. Die CPUX-Lehrpläne sind öffentlich und kostenlos. Die Zertifizierungsprüfungen sind transparent und sorgfältig konzipiert, um die für die berufliche Tätigkeit in der Industrie relevanten Kenntnisse und Fähigkeiten zu bestätigen. Interessierte können sich bereits im Vorfeld vom Umfang und der Qualität der Inhalte überzeugen. CPUX-Zertifizierungen werden deshalb auch von der internationalen UX-Akkreditierung anerkannt. Und auch Arbeitgeber wissen CPUX-Zertifizierungen zu schätzen.

Sollte ich zuerst die CPUX-F- oder die CPUX-M-Zertifizierung machen?

Man könnte sagen, CPUX-F ist wie der Knappe, der einem Ritter beim Anlegen der Rüstung behilflich ist und ihm die Waffen reicht; CPUX-M hingegen ist wie das Pferd, das den Ritter in die Schlacht trägt (zum Beispiel gegen eine Herde HiPPOS). Natürlich kann der Ritter auch zu Fuß gehen – dann dauert es halt etwas länger, bis er am Ziel ist (und die Schlacht ist vielleicht schon verloren). Ebenso kann er ohne Waffen in die Schlacht reiten – dann muss er vor Ort improvisieren und sich Unterstützung holen.

Nun, vielleicht ist der Vergleich etwas martialisch. Man könnte auch sagen: Wer sich zum UX-Professional entwickeln möchte, User Research betreiben, User Interfaces konzipieren, gestalten oder evaluieren möchte, der sollte mit dem CPUX-F beginnen. Wer eher dafür sorgen möchte, dass all diese Aktivitäten überhaupt stattfinden können, wer also lieber (häufig auf höherer Ebene) kommuniziert und Prozesse gestaltet, für den ist der CPUX-M die bessere Wahl.

Wer sich für beide Zertifizierungen interessiert, sollte mit dem CPUX-F starten.

Brauche ich ein vorheriges Training?

Nein, es reicht, vorab das entsprechende Curriculum durchzuarbeiten und anhand der Probeprüfung zu trainieren. Das macht allerdings erfahrungsgemäß wenig Spaß, außerdem kann man dann nicht von der Erfahrung eines Trainers und der anderen Teilnehmer profitieren. Zudem gibt es unterschiedliche Lerntypen: Wer eher ein auditiver Lerntyp ist, also gut durch Zuhören lernt, oder ein kommunikativer Lerntyp, der die Diskussion mit anderen braucht, lernt durch ein Training viel effizienter als er oder sie es allein könnte.

Ich würde also zu einem Training raten, aber wen wundert’s, denn ich biete seit einiger Zeit selbst CPUX-Trainings an. Mehr Informationen dazu auf der UX-Trainings-Webseite bei der KPS.

Wie sind die CPUX-Zertifizierungen entstanden?

Etwa 2002 hat die internationale UXPA, die globale Organisation für User Experience Professionals, einen Zertifizierungsvorschlag für Usability Professionals ausgearbeitet. Der Usability Body of Knowledge war ein wichtiger Teil dieses Vorschlags. Allerdings wurde die Initiative aufgegeben. Erst knapp 10 Jahre später lebte sie wieder auf: Im Jahre 2011 erarbeitete der Arbeitskreis Qualitätsstandards der German UPA das Konzept sowie die Zertifizierungsdokumente für das Grundlagenzertifikat „Certified Professional for Usability and User Experience – Foundation Level (CPUX-F)“, testete und verbesserte sie. Um eine Unabhängigkeit zwischen Curricula, Zertifizierung und Trainingsanbietern zu gewährleisten sowie die Weiterentwicklung, Internationalisierung und Qualitätssicherung des Zertifizierungsprogramms zu ermöglichen, wurde 2013 das UXQB gegründet.

Was ist das UXQB?

Das International Usability & User Experience Qualification Board (UXQB) veröffentlicht Lehrpläne für Usability- und User-Experience-Professionals als Grundlage für die professionelle Zertifizierung „Certified Professional for Usability and User Experience (CPUX)“. Das UXQB unterhält ein Netzwerk von unabhängigen Schulungsanbietern, die die CPUX-Lehrpläne unterrichten. Akkreditierte Zertifizierungsstellen, die unabhängig von den Schulungsanbietern sind, führen die Zertifizierungsprüfungen durch. Das UXQB stellt die Infrastruktur für die professionelle Zertifizierung zur Verfügung, führt aber weder Schulungen noch Zertifizierungsprüfungen durch.

Michael Jendryschik
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